Forschung

Inhalt der Dissertation:

Die Steinschlag- und Felssturzereignisse der letzten Jahre, wie beispielsweise das Ereignis von Stein an der Traun 2010 (Thuro & Bundschuh 2012) oder die Ereignisse entlang der Gotthard-Autobahn, unterstreichen die Signifikanz der Steinschlag-Gefährdungsbeurteilung in Siedlungsräumen und ebenso entlang von Bahntrassen und Straßenzügen. Die vorgelegte Dissertation gliedert sich in die folgenden drei Abschnitte, um einen Beitrag zu dieser Thematik zu leisten:

  1. Die Analyse von Ablöseprozessen größerer Felsvolumina (so genannter „Mid-Magnitude-Events“) unter Berücksichtigung der Scherparameter
  2. Die quantitative Bestimmung von Sturzkubaturen durch die Aufnahme von Blockabmessungen im Hangschutt sowie durch Trennflächenaufnahmen im Anrissbereich
  3. Die 3D Modellierung möglicher Stein- und Blockschlagereignisse:
    • Die Sensitivitätsanalyse potentieller Steinschlagereignisse basierend auf quantitativ im Gelände ermittelten Parametern
    • Die Reichweiten-Analyse eines „Mid-Magnitude“ Blocks unter Berücksichtigung möglicher Zerteilungsgrade

Das bearbeitete Projektgebiet befindet sich zwischen Unterjettenberg und Ramsau etwa 30 km südwestlich von Salzburg und erstreckt sich oberhalb der Bundesstraße B 305. Im oberen Bereich des Hangs befinden sich steile Felswände aus Karbonaten der Dachstein-Formation, die das Steinschlagmaterial bereitstellen.

Der erste Abschnitt der Arbeit beinhaltet die Fallstudie zu einem Felsblock, dessen Ablöseprozess als planares Versagen charakterisiert werden kann. Da an diesem Block die einzigartige Möglichkeit besteht, die Ablösefläche direkt zu begehen, konnten die Abmessungen der Ablösefläche detailliert aufgenommen werden. Darüber hinaus wurden die Scherparameter (der joint roughness coefficient (JRC) und die joint wall compressive strength (JCS)) quantitativ bestimmt. Basierend auf den gewonnenen Geländedaten wurde für diesen Fall ein mechanisches Modell eines möglichen Ablöseszenarios erstellt, das das Zusammenspiel von Mechanik und Verwitterungsprozessen beschreibt. Um mögliche Fragmentierungsszenarien in Parameterstudien zu analysieren, wurde der Durchtrennungsgrad des gefährdeten Blocks aufgenommen.

Im zweiten Abschnitt dieser Arbeit wird ein Ansatz zur quantitativen Bestimmung von Steinschlagkubaturen vorgestellt. Dieser beinhaltet einerseits das quantitative Auszählen von Blöcken in Bereichen von jeweils 20 x 20 m. Von jedem Block > 0,1 m wurden die drei Blockachsen abgemessen und die mittlere Hindernishöhe (mean obstacle height, MOH; Dorren 2010) bestimmt. Für insgesamt 5 Bereiche wurden zwei Parameter ausgewertet: der mittlere Blockdurchmesser als Anhaltspunkt für die Größenordnung potentieller Sturzblöcke und die mittlere Hindernishöhe (MOH) für die Bestimmung der Untergrundrauigkeit im Hangschuttmaterial. Die Daten aus dem Transit- und Ablagerungsbereich wurden durch Trennflächenaufnahmen an den Felswänden im Anrissbereich ergänzt. Entlang einer Forststraße, die den gesamten Anrissbereich quert wurden die Trennflächenorientierungen aufgenommen und an Hand der mittleren Orientierung der Trennflächensets kinematischen Analysen durchgeführt. Die Analyse möglicher Ablöseprozesse umfasste das planare Versagen, das Keilversagen sowie Toppling. Zusätzlich wurden in der direkten Umgebung des kritischen Blocks zwei 20 m lange Scanlines aufgenommen, die zur Quantifizierung des Trennflächenabstands beitragen sollen.

Der dritte Teil der Arbeit umfasst 3D Steinschlagmodellierungen unter Verwendung der Codes Rockyfor3D und RAMMS::Rockfall. Der Code Rockyfor3D wurde für die Gefährungsanalyse der Bundesstraße B 305 für den Bereich des gesamten Projektgebietes verwendet. Basierend auf den Geländedaten wurde der Einfluss unterschiedlicher Blockgrößen und Untergrundrauigkeiten auf den Run-out, die kinetischen Energien sowie die Sprunghöhen analysiert. Da das Projektgebiet stark bewaldet ist, wurde der Waldbestand zusätzlich aufgenommen und in den Modellierungen berücksichtigt. Da das Gebiet entlang der B 305 entlang der Weißwand deutliche Windwurfflächen im Bereich der Weißwand aufweist, wurde versucht diese Bereiche unter Erhöhung der Untergrundrauigkeit zu berücksichtigen. In den gewonnenen Ergebnissen konnte ein erheblicher Einfluss der Windwurfflächen auf die Block-Reichweiten gezeigt werden.

Der Code RAMMS::Rockfall wurde im Rahmen dieser Arbeit für die Gefährdungsanalyse der Bundesstraße im Hinblick auf einen möglichen Versagensfall des beschriebenen Mid-Magnitude Blocks verwendet. Basierend auf den Geländedaten wurden Parameterstudien zu unterschiedlichen Fragmentierungsgraden des Blocks durchgeführt, die auf der Annahme beruhen, dass eine Zerteilung des Blocks während des ersten Aufpralls eintritt. Die Modellierungen wurden sowohl mit als auch ohne Berücksichtigung des Waldbestandes durchgeführt. Neben den Reichweiten der Blöcke wurde für diesen Fall auch die laterale Ausdehnung der Sturzablagerungen entlang des Straßenabschnitts analysiert. Die Ergebnisse zeigen einen Einfluss der Blockvolumina und des Waldbestandes, sowohl auf die Reichweiten als auch auf die Streubreite möglicher Sturzablagerungen.