SEBRO - Effizientes und nachhaltiges Bauen auf strukturempfindlichem gering tragfähigem Untergrund
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Bei breiigen Beckensedimenten, wie sie in den Seenlandschaften Südbayerns oft vorkommen, stoßen Bauingenieure mit herkömmlichen Verfahren an ihre Grenzen. Mittels einzigartiger Feldversuche und neuartiger Modellierungsansätze sollen wesentliche Grundlagen für eine nachhaltige Auslegung von Gründungen in diesen besonderen Böden geschaffen werden.
Strukturempfindliche feinkörnige limnische Böden (umgangssprachlich Seetone) haben die Besonderheit, ihre bereits relativ geringe Scherfestigkeit bei Störungen des natürlichen Zustands größtenteils zu verlieren. Gegenüber anderen weichen Böden sind Seetone deshalb besonders herausfordernd: Das gilt sowohl für die Erkundung und die bodenmechanische Charakterisierung als auch für die Tragwirkung von Gründungen, die entscheidend von der Intensität des herstellungsbedingten Eingriffs abhängt.
Übliche Feld- und Laborverfahren sowie Modellierungsansätze, die die Grundlage der Planung von Gründungen bilden, stoßen an ihre Grenzen. Die Funktionsfähigkeit von Gründungssystemen, die in weichen Böden mit hoher Strukturempfindlichkeit erfolgreich eingesetzt werden, kann nicht vorausgesetzt werden. Das erschwert die Umsetzung von Bauvorhaben und kann sogar deren Realisierbarkeit infrage stellen.
In der Vergangenheit konnte in Südbayern die bauliche Nutzung von Flächen mit derart hohem Baugrundrisiko oft vermieden werden. Der Bedarf an Infrastruktur für Mobilität sowie die Entwicklung von Gebieten für die gewerbliche Nutzung und für Wohnungen macht eine nachhaltige Nutzung aller grundsätzlich verfügbaren Flächen unter Beachtung ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte in der Zukunft jedoch unausweichlich.
Auf einem rund 6.000 m² großen Versuchsareal in Kolbermoor bei Rosenheim werden großmaßstäblichen Belastungsversuche an zwölf Gründungssystemen im Abgleich mit einer Flachgründung durchgeführt, die in Auslegung und Umfang weltweit einmalig sind. Begleitet werden diese Gruppenversuche durch mehrere Einzelelementprobebelastungen je Gründungsverfahren. Aus den Ergebnissen der Belastungsversuche sowie der begleitenden fortgeschrittenen Feld- und Laborversuche werden neuartige Modellierungsansätze validiert. Daraus folgt die Bewertung der Effizienz und Nachhaltigkeit der betrachteten Gründungsverfahren in Bezug auf die regionaltypischen Böden. Dabei wird der ökologische Fußabdruck von der Herstellung bis zu einem möglichen Rückbau der Gründung betrachtet.
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Testfeld - Gruppenbelastung:
Aktueller Stand - Oktober 2024:
Aufbauend auf den Geokunststoffversuchen laufen mit je mindestens zwei Testfeldern gleichzeitig die Einzelelement- und Gruppenbelastungsversuche. Die Totlasten und 5 m x 5 m Mobilfundamente werden durch die Firma BKL schrittweise über Be-/ Ent- und Wiederbelastungsphasen der Gründungen mit maximal je rd. 640 Tonnen aufgestapelt. Für alle 13 Testfelder (inklusive einem Testfeld für Hebungsinjektionen) wurden vorlaufend durch Firma Menard insgesamt rd. 4.000 lfm Vertikaldrains installiert.
Derzeit befinden sich die ersten beiden Testfelder - Flachgründung (TUM Zentrum Geotechnik) und Fräs-Misch-Verfahren (Kemroc) - im Entlastungszyklus bei jeweils rund 420 Tonnen. Die Belastungszyklen der nachfolgenden Testfelder - System Duktilrammpfahl (Kurt Motz mit Tiroler Rohre) und System Atlas Pfahl (Porr Spezialtiefbau) - haben gleichzeitig begonnen und unterliegen aktuell jeweils rund 210 Tonnen Totlast.
Messtechnik je Testfeld - mit Unterstützung der Partner Glötzl und Solexperts:
- Extensometer in mehreren Tiefenschritten
- Gleitdeformeter
- Inklinometer zur Messung Horizontalverformungen sowie für seismische Cross-Hole-Tests
- Erddruck- und Porenwasserdruckmessgeräte in mehreren Tiefenschritten
- Schlauchwaagensensoren zur Setzungsmessung unterhalb wie auch an den Fundamentkanten
- Geodätische Messbolzen
Baugrunderkundung - Durchführung sowie Unterstützung durch die Geo-Bohrtechnik und Mull&Partner:
Seit mehr als einem Jahr werden fortlaufend verschiedene Kampagnen zur Baugrunderkundung durchgeführt, welche begleitend ausgewertet werden. Die Feldversuche (in-situ) umfassen u.a.:
- Plattendruckversuche (statisch & dynamisch)
- Drucksondierungen mit Messung des Porenwasserdrucks (CPTu)
- Seismische Drucksondierungen (SCPT) ausstehend
- Flügelscherversuche
- Cross-Hole-Tests
- in Deutschland neuartige Self-Boring-Pressuremeter-Tests
- weitere verschiedene Pressiometerversuche
- Tomographische Messung
Diese Feldversuche werden durch umfangreiche und neuartige Laborversuche begleitet.
Im Rahmen des Forschungsvorhabens werden aktuell zudem Abschlussarbeiten zur numerischen Simulationen der Setzungsprognose sowie zur Klassifizierung des Seetons mittels fortgeschrittener Laborversuche ausgearbeitet.
Testfeld Einzelprobebelastungen:
Auf Grundlage zweier auf dem Versuchsfeld auf eigeninitiative vorlaufend durchgeführter Zugversuche an Duktilrammpfählen der Fa. Kurt Motz mit Tiroler Rohre wurden die Tragfähigkeiten der im Forschungsvorhaben ausgeführten Gründungsvarianten für deren Einzelprobebelastungen abgeschätzt. Diese werden in konventionellen Zeitabständen nach Herstellung jeweils Einzeleelementprobebelastungen, parallel zu den Gruppenbelastungen, unterzogen. Dabei werden je Verfahren ingesamt 3 Probebelastungen, teils mit variierender Randbedingungen der Herstellparameter, ausgeführt und bis zum Grenzzustand der Tragfähigkeit (ULS) belastet.
Aktueller Stand - Oktober 2024:
Derzeit laufen die Probebelastungen der Systeme:
- Atlas-Pfahl (Fa. Porr Spezialtiefbau)
- Duktilrammpfahl (Fa. Kurt Motz mit Tiroler Rohre)
Berichterstattung zum Forschungsvorhaben:
- Regional Fernsehen Oberbayern rfo (Videobeitrag, 2024)
- Bayerischer Rundfunk BR (Videobeitrag, 2024)
- OVB (Onlineartikel, 2024)
- OVB (Zeitungsartikel, 2024)
- OVB (Onlineartikel, 2021)
- Radio Charivari (Newsfeed, 2024)
Geokunststoffversuche:
Versuchsfeld und Vorbereitung - mit Unterstützung der Partner Zosseder und Naue
Vorlaufend zu den Belastungsversuchen wurden mit spurtreuen LKW Überfahrten Geokunststoffuntersuchungen in Kooperation mit der Firma Naue durchgeführt. Diese dienen unter anderem der spezifischen Betrachtung der Dimensionierung bewehrter Tragschichten.
(zum Abspielen des Videos wird die Verwendung des Firefox Browsers empfohlen.)
Projektleitung: | Projektpartner: |
Technische Universität München E-Mail: forsch-seb.gbft(at)ed.tum.de Ansprechpartner:
Bayerische Forschungsstiftung AZ-1522-21 |
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